Album der Woche - "Beauty in Your Wake" von Fink

Albumcover Fink "Beauty in Your Wake"
"Beauty In Your Wake" von Fink | © R'Coup'D

Das Alt-Folk-Trio Fink veröffentlicht ein intimes, introspektives und offenherziges Album namens "Beauty in Your Wake", das sich darum schert, was wir hinterlassen.

Der Song "Looking too closely" von Fin Greenall alias Fink hat allein bei Spotify über 111 Mio Klicks. Ein Song, den der Brite zunächst gar nicht wirklich veröffentlichen wollte. Er habe ihn deshalb damals 2014 auf dem dazugehörigen Album "Hard Believer" an achter Stelle versteckt, erzählt Fink im Interview. Er fühlte sich komplett von der Independentidee vereinnahmt und empfand den Song als zu kommerziell. Aber seine Beziehung zu dem Song hat sich verändert. "Im Moment bin ich wieder richtig verliebt in ihn. Denn wenn man einen großen Song hat, und das ist mein größter Song, würde ich sagen, dann bekommt man, wenn man ihn live spielt, sofort eine gute Stimmung vom Publikum. Dieses Gefühl kann nie langweilig werden", sagt Fink. Es sei einer, der einfachsten Songs, die er je geschrieben hat, meint er weiter. "Es sind nur drei Akkorde, aber manche Songs haben Magie und man weiß nicht, woher sie kommt."


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Das neue und bereits achte Album hat sie auch, die Magie. Songs, die erbaulich wirken, ohne kitschig zu sein. Songs, die sich ganz nach der Haltung des Anhängers des radikalen Optimismus‘ darum drehen, was wir hinterlassen. Es geht um Vermächtnis, aber nicht nur auf lange Sicht. Es geht auch darum, wie wir jeden einzelnen Tag beenden, und zwar am besten in Würde und mit Anstand. Doch es geht auch um den Nachlass für die eigenen Kinder. Fink ist seit einigen Jahren Vater einer Tochter und seitdem ist er fokussiert darauf, etwas Schönes zu hinterlassen.

"Ich schreibe gerne Lieder, in denen ich eine Frage stelle", sagt Fink, "und versuche, mir selbst eine Antwort auf die Frage im Lied zu geben. Für mich ist es ein Wiedergeburtsalbum und das bedeutet, dass etwas enden musste, damit ich eine Wiedergeburt erleben konnte. Ich denke, dass der Musikstil, in dem ich früher gelebt habe, alternative Indie-Musik, die hat sich weiterentwickelt. Als Künstler kann ich mich entweder daran klammern und trauern, dass es das nicht mehr gibt, oder ich kann mich zu etwas anderem entwickeln. Als etwas älterer Künstler weiß man, wenn man mit dem Alter ein wenig Weisheit erlangt hat, dass es besser ist, flexibel zu sein und über sich selbst hinauszuwachsen."

Fink als Trio besteht aus Fin Greenall, Bassist Guy Whittaker und Schlagzeuger Tim Thornton. Die Drei sind schon durch alle Phasen miteinander gegangen. Sie müssen sich nicht gegenseitig beeindrucken, sie verstehen sich. Es sei wie in dem Film "The Spinal Tap": Sie seien sich näher als Brüder, meint Greenall.

Wir haben in meinem Loft in Brighton angefangen, Musik zu machen, da waren wir alle drei völlig pleite und 2016 sind wir auf einmal mit den großen Wagen zu den Festivals gefahren worden. Es war wie in diesem Film: der Traum wird wahr und die Scheiße geht los. Auch das haben wir durchlebt. Mein Ego ist im Laufe der Jahre aufgeblasen und geschrumpft. Manchmal war ich ein unerträglicher Ego-Maniac, und ein anderes Mal war ich ein verletzter kleiner Welpe, der nicht weiß, was los ist. Wir haben die ganze Reise miteinander verbracht und wenn man seit über 15 Jahren zusammen Musik macht, dann hat man diese psychische Verbindung."

Und so entsteht sie, diese Musik wie aus einem Guss.

Der Eröffnungssong des Albums "What would you call yourself" handelt von Identität. Wer bist du wirklich, wenn keiner da ist, der Druck aufbaut? Wenn du nicht gezwungen bist, dich in den Sozialen Medien zu vergleichen? Die Zeile "Beauty in your Wake" stammt aber aus dem Song "The only Thing that matters". Der Song sei für ihn rein positiv, meint der Brite. "Ich schreibe eigentlich keine positiven Lieder, aber es ist ein fröhliches Lied."

Das ganze Gegenteil ist: "Be forever like a curse" – Ein Schwergewicht. Ein ziemlich kraftvoller, emotionaler Song, den Fink für den Film "All you see" der iranischen Regisseurin Niki Padidar geschrieben hat. Ein Film über Identität und darüber, wie Menschen damit umgehen müssen, wenn sie zu Flüchtlingen werden. Fink hat bereits Erfahrungen mit Filmmusik. Nicht nur, dass seine eigenen Songs oft in den Soundtracks von Serien und Filmen auftauchen, er hat auch zusammen mit John Legend den Soundtrack für "12 Years A Slave" geschrieben. Der Gitarrenanschlag in dem Song "Move" trägt auch eindeutig Finks Handschrift.

Fin Greenall alias Fink kommt aus dem englischen Cornwall, lebt aber schon seit über 8 in Berlin. "Ich liebe diese Stadt", sagt Fink.

[Berlin] ist dynamisch, jung, frisch, interessant, fortschrittlich, zukunftsorientiert. Das sind alles Dinge, die ich brauchte, und das sind die Gründe, warum ich hierhergezogen bin. Ich habe schon an vielen Orten gelebt, in London, LA, Paris, und jeder Ort hat eine andere Atmosphäre. Aber Berlin ist absolut einzigartig. Es hat dieses aufgeschlossene Element: Wenn du dich in irgendeiner Weise avantgardistisch oder alternativ fühlst, brauchst du nur dein Haus zu verlassen und du wirst andere sehen, die viel avantgardistischer und alternativer sind als du."

In Berlin ist auch der Song "Follow me down" entstanden. "Ich war auf meinem Dach in Berlin, es regnete in Strömen und ich hatte gerade meine Arbeit für den Tag erledigt. Da schaute ich einfach dem Regen zu und hatte einen dieser Hippie-Momente. Daher kam der Song. Er entstand dadurch, dass ich diese Regentropfen beobachtete, die von der Metallverkleidung meines Balkons fielen, und sie wurden größer und größer und größer, und dann fielen sie herunter, und dann war's das." Ein Sinnbild für das Leben.

Die meisten Songs aber in Cornwall entstanden, seinem Heimatort. "Dieses Cornwall ist der Ort, an dem mein Herz wohnt", meint Fink, "ich war dort jeden Morgen im Meer schwimmen, sah den Sonnenaufgang, ohne jemanden um mich herum, ging nach Hause zu meinen Eltern, packte meinen Kram zusammen und ging ins Studio. Ich meine, für mich war das einfach nur ein Traum. Das trug dazu bei, wie wohl ich mich in meiner Haut fühlte, als ich die Platte machte."

"Beauty in Your Wake" ist eine Platte, die durch Greenalls Vaterschaft und die Aufbruchstimmung Berlins initiiert wurde. In der Ruhe Cornwalls aber, konnte die Distanz sich entfalten. Der Blick fürs große Ganze, der dahin ging, dass es jeden Tag wichtig ist, was wir hinterlassen.

Claudia Gerth, radioeins

Tracklist

1 What Would You Call Yourself
2 The Only Thing That Matters
3 Be Forever Like A Curse
4 It's Like You Ain't Mine No More
5 Follow You Down
6 I Don't See You As The Others Do
7 One Last Gift
8 Don't Forget To Leave
9 So We Find Ourselves
10 When I Turn This Corner

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