Die britische Band Elbow hat sich mit ihrem zehnten Album noch einmal selbst herausgefordert: Es ist ein Album, das Frontmann Guy Garvey selbst mit dem Wort 'Groove' beschreibt, und welches in seiner Mischung tatsächlich auf schöne Weise unvorhersehbar geworden ist. Wer einen kohärenten Nachfolger des zuletzt erschienenen Elbow-Albums "Flying Dream 1" erwartet hat, wird nun überrascht, aber vermutlich nicht enttäuscht. "Audio Vertigo" ist aufbauend. Neue Rhythmen, die stellenweise gar südamerikanische Vibes erzeugen, bereichern den gewohnten Sound verträumter Indie-Rock-Gitarren und fügen ihnen eine geradezu feierlich-fröhliche Stimmung hinzu.

Während die Stücke des Vorgängeralbums meist in Isolation entstanden sind, hat Elbow die Freude des gemeinsamen Jammens unmittelbar integriert: Neun 'vollständigen' Songs stehen drei Schnipsel gegenüber – unfertige Tracks die aber das ungefilterte, freudige Gefühl eines Wiedersehens transportieren.

Elbow-Sänger Guy Garvey konzentrierte sich dabei zunächst auf das Texten, die anderen testeten alle möglichen Klangfarben aus und spielten die Musik so wie sie ihnen gerade in den Sinn kam, ohne sich zu sehr darauf zu konzentrieren, wie das Ergebnis vielleicht am Ende klingen sollte. Dieser musikalisch spielerische Bruch, führt zu genreübergreifenden Songs – von Soul bis New Wave, und findet sich schließlich auch in den Lyrics wieder. In nahezu jedem Song des neuen Elbow-Albums steckt eine besondere Spannung zwischen Tragik und Komik.

Immer wieder bricht Garvey seine Texte mit Ironie und Spaß dort auf, wo das Tragische besonders groß scheint, wie in "Lover’s Leap" – einem Song inspiriert vom Schicksal Romeo und Julias, dessen Statuen man letztlich in einem Geschenke-Shop kaufen kann.

"Wir leben in beunruhigenden Zeiten" singt Garvey im Song "Her to the Earth" und fügt im Interview hinzu, dies sei sogar fast eine Untertreibung. Wenngleich "Audio Vertigo" diesen Zustand nicht ignorieren soll, will es – mit der Betonung des Schönen in der Welt, Up-Tempo-Beats und weniger Melancholie – aber zumindest Ablenkung anbieten, und temporär den Fokus darauf lenken, was am Leben eigentlich so großartig sein kann; Musik zum Beispiel.

Laurina Schräder, radioeins