Die radioeins Konzertkritik - The The live in Berlin

Matt Johnson (The The)
Matt Johnson (The The) Live in Berlin | © IMAGO/Martin Müller

Das Konzert von The The gestern im Huxleys begann für Berliner Verhältnisse überaus pünktlich. Aber die Band um Matt Johnson hatte sich für den Abend auch sehr viel vorgenommen. Um 20 Uhr betraten The The die Bühne und Matt Johnson kündigte an, dass er zunächst sein aktuelles Album "Ensoulment" komplett präsentieren werde und dann, nach einer kurzen Pause, würde er sich im zweiten Teil seinem Backkatalog widmen. Da war allen klar, es würde ein langer Abend werden.

Seit 24 Jahren gab es kein neues Album von The The mehr. Matt Johnson arbeitete lieber solo und komponierte hauptsächlich Soundtracks, die Band The The schien Geschichte zu sein. Der Musiker war schon immer ein reflektierter Mensch, der in seinen Texten die gesellschaftlichen Zustände, oft scharfzüngig, thematisiert und so war klar, dass die neuen Songs nicht vor Lebensfreude strotzen würden, aber "Ensoulment" ist auch nicht so düster, wie man vielleicht befürchten konnte.

"Ensoulment" von The The
"Ensoulment" von The The | © earMusic

Mit seiner vierköpfigen Band war Matt Johnson gleich auf Betriebstemperatur. Seine Stimme ist in all den Jahren nicht gealtert und seine Energie ungebrochen. The The spielten die neuen Songs ohne viele Schnörkel, obwohl einige auch dazu geeignet wären, live auszuufern. Das Publikum reagierte auf "Ensoulment" respektvoll und anerkennend, aber nicht enthusiastisch. Klar, denn der zweite Teil der Show wurde mit Spannung erwartet.

Kaum jemand im Publikum hat The The jemals live gesehen, denn Matt Johnson ging zu seinen großen Zeiten nicht auf Tour, weil er seine Studioband nicht mitnehmen konnte. Wer hätte auch Jools Holland mit seinem Piano Solo auf "Uncertain Smile" gleichwertig ersetzen sollen. Stattdessen wurden aufwendige Videos zu den Songs gedreht, im MTV-Zeitalter keine schlechte Entscheidung.

Earl Harvin (The The)
Earl Harvin (The The) | © IMAGO/Martin Müller

Aber gestern Abend brachte Matt Johnson mit seiner aktuellen Inkarnation von The The fast alle Klassiker wie "Infected", "Love Is Stronger Than Death" oder "Slow Emotion Replay" auf die Bühne.

Und es klang fantastisch. Schlagzeuger Earl Harvin und der zweite Gitarrist Barrie Cadogan gaben den Songs eine Frische und die Dringlichkeit, die diese Stücke brauchen. Bassist James Eller war schon auf früheren Alben von The The präsent und Keyboarder DC Collard ist ebenfalls ein alter Vertrauter von Matt Johnson. Obwohl einige seiner Hits auf den Alben ganz ohne Gitarre auskamen, was in den 80ern komplett außergewöhnlich war, klangen die Songs gestern perfekt. Matt Johnsons Stimme ist einfach einzigartig und seine Songs inhaltlich und musikalisch zeitlos. Selbst bei dem Hit "Uncertain Smile", der ohne Jools Holland am Klavier eigentlich nicht vorstellbar ist, spielte der Keyboarder nicht nur dessen Soli nach, sondern traute sich auch zu, eigene Akzente zu setzten. Matt Johnson und The The harmonierten perfekt, es wurde getanzt und mitgesungen. Die Band wurde vom Publikum für ihre Performance völlig zu Recht gefeiert.

Als die Musiker nach 24 Stücken die Bühne verließen, wollte der Applaus nicht enden. The The kamen noch einmal für eine Zugabe zurück. Nach "Uncertain Smile" und "Giant" war das Konzert nach zweieinhalb Stunden dann vorbei. Der Sound im Huxleys war wie immer perfekt. The The 2024 sind keine Nostalgieband, sondern genauso relevant wie früher. Es war ein denkwürdiger Abend, der keine Wünsche offenließ.

"If you can't change the world, change yourself. And if you can't change yourself then change your world"

Carsten Wehrhoff, radioeins (Passion)